Schreibtipps

In deutschsprachigen Landen herrscht noch vielerorts die Meinung, vor allem belletristische Texte zu erstellen, habe etwas mit Genie zu tun und könne mithin nicht vermittelt (im klassischen Sinne) werden. Folgerichtig gibt es im normalen Bildungsbetrieb auch keine Lehrgänge im Schreiben. Das ist eine Vorstellung aus der Romantik, die an der Realität weit vorbeigeht. Nicht umsonst sagte man lange Zeit unter Insidern: 90% Transpiration, 10% Inspiration.
 
Schreiben ist (in erster Linie sogar) auch ein Handwerk. Die grundlegenden Techniken literarischen Schaffens sind genauso vermittelbar wie die Technik des Aquarellmalens, der Holzschnitzerei oder der Porträtfotografie usw. Kreativität muss - und kann durchaus - in eine adäquate sprachliche Form gebracht werden. In Amerika und England sind schon seit Jahrzehnten die sog. „Schreibwerkstätten“ gang und gäbe, weil man dort einen viel unverkrampfteren Zugang zum Thema hat. Derlei Einrichtungen erfreuen sich nunmehr auch bei uns steigender Beliebtheit. Im Internet wimmelt es nur so von einschlägigen Seiten.
 
Beim inspirativen Teil Ihrer Arbeit kann Ihnen ohnehin kaum jemand helfen, von guten Wünschen, Daumendrücken, magischem Gemurmel und Ähnlichem abgesehen. Aber wenigstens beim handwerklichen Teil, bei der Technik des Schreibens, kurz, solange Sie transpirieren, ist es möglich, Sie zu unterstützen. Das ist die Aufgabe dieser Tipps. Sie sind nicht dazu gedacht, eine Schreibwerkstatt zu ersetzen, oder gar den eigenen Lernprozess durch Versuch und Irrtum. Doch ist es unnötig, das Rad neu zu erfinden. Zudem gibt es eine absolut überschaubare Anzahl an Werken, von denen wir lernen können. Beachten Sie bitte in diesem Sinne auch die Literaturhinweise.

Im Prinzip sollte es unbedingt mit einer Grundsatzentscheidung anfangen. Sind Ihre Texte „nur“ für das Tagebuch bzw. eventuell für ein paar Freunde gedacht oder schreiben Sie wirklich mit der Absicht, an die Öffentlichkeit zu gelangen? Selbstverständlich ist das eine wie das andere legitim, aber nur dann, wenn Sie zumindest prinzipiell für die Öffentlichkeit schreiben, ist es sinnvoll, wenn Sie diese Tipps durchackern. Im Falle des Tagebuches begnügen wir uns mit dem autotherapeutischen Effekt, der ein angenehmes Nebenprodukt literarischen Schreibens ist. Für den hingegen, der als klassischer Autor an die Öffentlichkeit tritt, wird die Welt um einiges anspruchsvoller.  

Am besten reserviert man sich für das Schreiben einen festen Platz im Tagesablauf. Genauso gehört ein Plätzchen in der Wohnung dazu, das ausschließlich dem Schreiben vorbehalten ist. Soviel zum Idealfall, von dem es in der Praxis für die meisten von uns deutliche Abstriche zu machen gilt.

Es ist heute selbstverständlich, wenn wir uns des Computers bedienen, um einen Text zu erstellen. Die moderne EDV bietet so viele Vorteile für den literarisch Kreativen, dass das alte Wort von 10% Inspiration und 90% Transpiration so nicht mehr zutrifft. Vielmehr hat sich das Verhältnis deutlich zugunsten der Inspiration verlagert. Dennoch bleibt es notwendig, die Grundlagen, zu denen auch eine straffe Organisation gehört, zu beachten. Die Chaoten mögen zwar liebenswürdig sein, aber erfolgreich ...?

Jeder Literat verfügt über eine Vorlage in seiner Textverarbeitung, die auf seine persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten ist. Mit dieser Hilfe arbeitet er dann, ohne bei jedem neuen Projekt das Seitenlayout, sowie Schriftart und -grösse, usw. erneut definieren zu müssen. Solange wir ein solches Layout nicht entwickelt haben, ist es allemal ratsam, auf die "Normseite" zurückzugreifen. Backups auf externen Festplatten, CD-ROM, USB-Stick oder ähnlichen Speichermedien, die unsere Arbeit dauerhaft archivieren, sind unerlässlich. Wenn die Festplatte defekt wird, könnte die Arbeit von Jahren vernichtet sein.

Wie die genaue Arbeit am Projekt vor sich geht, ist keine allgemeingültig geregelte Sache. Mangels Richtlinien entwickeln alle Literaten im Laufe der Zeit ihre eigene Vorgehensweise, die sich im Wechselspiel von Erfahrungswerten und Lebensumständen herauskristallisiert. Davon abgesehen mögen Ihnen die folgenden Anregungen einiges an Hinweisen bieten.

Erster Schritt, die Grundkonzeption des Werkes. Im Rahmen der "Primärinspiration"  werden der Haupthandlungsablauf skizziert, der Charakter von Protagonist und Antagonist entworfen sowie Ort und Zeit festgelegt. Außerdem vergeben wir einen Arbeitstitel, einfach damit das Kind einen Namen hat und damit wir wissen, unter welcher Bezeichnung wir unsere Computerdatei anlegen. Mit dem letztendlichen Titel hat das noch nichts zu tun.

In mehreren darauf folgenden Schritten wird das Projekt entwickelt, d.h. der eigentliche Text geschrieben. Manche Literaten gewöhnen sich an, die Szenen bzw. Kapitel (soweit diese bereits bekannt sind) stichwortartig festzuhalten, z.B.: Szene 1 - Julia geht zu Party / Szene 2 - Julias Verabredung / Szene 3 - Der Mistkerl macht einen Rückzieher usw. Das nennt man "plotten". Diese Szenen werden anschließend ausgefeilt. Andere, wie etwa Stephen King, schreiben rein intuitiv und lassen sich selbst überraschen, wie sich ihre eigene Geschichte entwickelt.

 

Ich persönlich habe mich vom intuitiven Schreiber zum Plotter gewandelt und empfinde das als deutlichen Fortschritt. Das Konzept gestalte ich so flexibel, dass spätere Inspirationen mühelos implementiert werden können. Es soll bei der Ausarbeitung helfen, weil es dem Projekt Struktur verleiht, aber nicht verhindern, dass sich dieses entwickelt. Die Konzeption als rationales Gefüge auf der eine Seite und die reine Kreativität auf der anderen befinden sich idealerweise in Balance. Dann können sich beide Seiten gegenseitig unterstützen, indem sie wie Zahnräder ineinaner greifen.

Man soll durchaus zwischen den Bearbeitungsgängen einige Zeit verstreichen lassen. Den Profi erkennt man nicht daran, dass er den Text von der ersten bis zur letzten Zeile in einem fort schreibt. Ich weiss, es klingt banal, trotzdem möchte ich Ihnen nahelegen: Solange Ihnen etwas einfällt, schreiben Sie. Vice versa heißt das: Wenn Ihnen nichts einfällt, schreiben Sie nicht. Das wird interessanterweise auf längere Sicht das größere Problem sein. Profis neigen dazu, auch dann zu schreiben, wenn sie streng genommen nicht inspiriert sind. Aber wer textet, ohne inspiriert zu sein, schreibt nicht, er schwindelt. Da trifft es sich gut, dass der literarische Alltag ohnehin jede Menge Tätigkeiten beinhaltet, die mit Inspiration wenig zu tun haben: überarbeiten, überarbeiten und noch einmal überarbeiten.

Der Stil ist für alle Schreibenden eine sehr persönliche Angelegenheit von subjektiv gesehen großer Wichtigkeit. Aus objektiver Sicht gilt zuerst die Maxime, der Stil habe sich dem Inhalt unterzuordnen. Dann gehen die Zeiten gehen dem Ende zu, in denen es der Leser hingenommen hat, wenn ein Autor manisch seine persönlichen Stilmarotten zelebrierte. Ich halte das für einen Fortschritt. Heutzutage setzt sich der Grundsatz durch, dass man um einen möglichst klaren, von allen Marotten und sonstigen Unverständlichkeiten befreiten, Stil bemüht ist. Absonderlichkeiten (um nicht gerade "Albernheiten" zu sagen) im Stil schaffen eine Eintrittsschwelle, hindern also den Leser an der Lektüre. Selbst Juristen, selbst Wissenschaftlern und sogar Literaten ist es zunehmend ein Anliegen, in einer verständlichen Sprache an das Publikum heranzutreten. Wenn Sie um eine breite Akzeptanz bei der Öffentlichkeit bemüht sind, ist es absolut notwendig, das zu beachten.

Zuerst müssen wir bedenken, jeder belletristische Text hat Berichtscharakter. Berichten kann ich nur über etwas, das bereits in der Vergangenheit liegt, weshalb die Mitvergangenheit die am nächsten liegende Zeitform darstellt. Alles andere wirkt auf Dauer, nun ja, sagen wir einmal merkwürdig. Damit ein Bericht vollständig ist, müssen die folgenden sechs Fragen beantwortet werden: Wer hat was, wann, wo, wie und warum getan?

Was gilt es sonst noch zu beachten?

1. Chronologisch erzählen. Was sich zuerst zugetragen hat, auch zuerst erzählen. Wenig Vor- und Rückblenden!

2. Jede Szene, jeder Absatz muss die Geschichte inhaltlich weiterbringen

3. Viel direkte Rede (bis 50% des Textvolumens)

4. Kurze Sätze (nicht mehr als 25 Wörter). Der intellektuellen Kapazität unseres Gehirnes entsprechen am meisten Sätze mit 15 Wörtern.

5. Einfacher Satzbau (keine Schachtelsätze, Umklammerungen vermeiden)

6. Die richtige Stilschicht treffen

7. Fremdwörter nur da, wo es unbedingt nötig ist

8. Keine Beschreibungen, die das Handlungstempo in den Keller drücken, vor allem nicht am Anfang

9. Füllwörter und Wortwiederholungen vermeiden

10. Übersichtliche Gliederung in Szenen und/oder Kapitel

11. Kein Hauptwörterstil ("Die Verbreitung der Seuche erfolgte mit Windeseile." besser: "Die Seuche verbreitete sich in Windeseile.")

12. Spezielle Ausdrücke den allgemeinen vorziehen

13. Adjektive sparsam verwenden. Nur da, wo sie tatsächlich zusätzliche Informationen transportieren.

14. Perspektiven möglichst einhalten. Wechsel kennzeichnen (z.B. durch ein neues Kapitel, eine neue Szene oder einen neuen Absatz).

15. Hilfszeitwörter vermeiden. Wie schon der Name sagt, sollen sie helfen und einem korrekt ausformulierten, bis zur vollen Blüte entwickelten Text sollte nur mehr wenig geholfen werden müssen. Hilfszeitwörter bedingen einen flauen Stil, dem es an "Farbe" fehlt.

 

16. Besondere Achtung vor den persönlichen Stilmarotten. Man kann Fehler korrigieren oder kultivieren.

17. Nicht dem Fundamentalirrtum verfallen und Unverständlichkeit des Textes mit literarischem Anspruch verwechseln. Die wichtigsten Ausdrucksformen dieses Irrtums sind: überlange, verschachtelte Sätze, chronologische Uneinheitlichkeit (siehe Punkt 1) und unmotivierte Perspektivenwechsel.

Das sind einige der wichtigsten Richtlinien, einen Text angenehm lesbar zu gestalten. Kommt dann ein spannender Inhalt hinzu, der vor dem geistigen Auge der Leser lebensnah und abwechslungsreich entwickelt wird, steht einem guten Buch nichts mehr im Wege.

Spannung baut man im Wesentlichen durch Fragen auf, die erst später beantwortet werden: Wer war der Mörder? Bekommt die unglückliche Prinzessin den Mann ihrer Träume? Wird die Strategie, die sich der General vor der Schlacht zurechtgelegt hatte, erfolgreich sein? usw. Lebensnah heißt, bei Beschreibungen Informationen für möglichst alle Sinne bieten: sehen, hören, fühlen, tasten, riechen, schmecken. Aber auch eine lebensnahe Sprache der Charaktere in der direkten Rede gehört dazu.

Je fortgeschrittener ein Projekt ist, desto länger können eventuelle Schaffenspausen sein. Und doch haben wir irgendwann einmal die erste Version des Textes vor uns liegen. Diese nennt man "Rohfassung". Der Text kann grauenhaft sein, geradezu grottenschlecht, vollkommen egal, Hauptsache er existiert. "Die erste Fassung ist immer Scheiße", hat Hemingway so treffend gesagt.

Nun geht es an das Überarbeiten. Am besten Wochen, wenn nicht gar Monate lang liegen lassen, dann wieder zur Hand nehmen und durchlesen. Der zeitliche Abstand zum Werk bedingt einen Effekt, den man „Timelag“ nennt. Das bedeutet, wir sehen aus der zeitlichen Distanz heraus manches anders, wir bemerken erst jetzt viele Fehler und können diese folglich korrigieren etc. Angeregt durch unseren Text erhalten wir wieder Einfälle ("Sekundärinspiration"), die wir einarbeiten. Auf diese Weise wächst das Werk und wird zugleich besser.

Wie oft Sie überarbeiten, ist allein Ihre Sache. Ich meine, es kann nicht oft genug der Fall sein. Jedenfalls sollte sich eine der letzten Überarbeitungen damit beschäftigen, das Werk zu kürzen. Die Formel, die Stephen King mit viel Erfolg beherzigt, lautet: Rohfassung - 10% = Endfassung. Ein kluger Mann hat einmal gesagt, ein Text ist nicht dann fertig, wenn man nichts mehr dazuschreiben kann, sondern wenn es nichts mehr wegzustreichen gibt! Abgespeckt wird natürlich in erster Linie bei den Füllwörtern und allen Informationen, die für den Gang der Handlung unwichtig sind. So wird der Text gestrafft, die Haupthandlung wird stärker konturiert. Alles in allem ein Fortschritt.

Ist ein Werk soweit gediehen, dass Sie als Autor den Eindruck haben, fertig zu sein, erfolgt zuerst eine Rechtschreibkorrektur, dann der vorletzte Schritt: Das Erstlesen, mangels einheitlichen Sprachgebrauches auch "Test-" oder "Betalesen" genannt. Einige ausgewählte Personen, auf deren Meinung Sie Wert legen, erhalten den Text zum Lesen. Mit diesen Erst-, Test-, Beta- oder Wie-auch-immer-Lesern sollten Sie sich über das Grundlegende des Werkes unterhalten: Kommt das Thema an? Ist die Sprache in Ordnung? Haben sich stilistische Marotten eingeschlichen? Sind Protagonist und Antagonist psychologisch glaubwürdig? Gibt es Szenen, die zuwenig ausgeführt worden sind oder andere, die gekürzt werden sollten? Ist der Text spannend? Wird eine Szene als merkwürdig oder widersprüchlich empfunden? usw.

Überlassen Sie niemals Ihr Werk jemandem, mit der Bitte, die Fehler sofort auszubessern, ohne dass Sie die Möglichkeit hätten, Einfluß zu nehmen! Übergeben Sie lieber einen Ausdruck, auf dem der/die Betreffende die Verbesserungen vermerken kann. Ob Sie die Hinweise und Rückmeldungen letzten Endes wirklich übernehmen, sollten Sie unbedingt selbst entscheiden! Es ist die letzte Gelegenheit, sich mit dem Werk intensiv auseinanderzusetzen. Lassen Sie sich diese nicht entgehen!

Wenn alle Anregungen aufgenommen und gegebenenfalls in das Werk eingearbeitet worden sind, steht als letzter Schritt die Prüfung von Rechtschreibung, Grammatik und Interpunktion an. Wir Fachleute reden von "Korrektorat". Im klassischen Verlag wird dies als einer der letzten Bearbeitungsgänge intern im Rahmen des Lektorates durchgeführt, doch sollte Ihrerseits unbedingt ebenfalls ein derartiger Korrekturlauf durchgeführt werden. Mag ja sein, dass sich die Deutschlehrerin des Sohnes dafür bereit erklärt, oder sich sonst jemand mit Fachkompetenz im sozialen Umfeld findet.
 
Erst nach sämtlichen Überarbeitungen und Korrekturen sollte ein Text an die Öffentlichkeit gebracht werden. Vor allem empfehle ich, Verlage erst dann zu kontaktieren. Ein Autor, der von vornherein „saubere“ Arbeit vorweist, trifft auf größere Akzeptanz, wie einer, dessen Manuskript von Grammatik- und Rechtschreibfehlern sowie vergleichbaren Ärgernissen strotzt. Ein mangelhafter Text wirft ein ebensolches Licht auf den Autor. Die Liste der typischen Anfängerfehler wird davon angeführt, dass ein Werk zu früh auf den Markt gebracht wird.

Nun heißt es, einen Verlag finden. Der klassische Verlag (auch Publikumsverlag genannt) nimmt einen Text entgegen und professionalisiert ihn durch ein sog. "Lektorat". D.h. der Lektor überarbeitet in Zusammenarbeit mit dem Autor das Skriptum, wodurch diesem der letzte Schliff verliehen wird. Ein richtig durchgeführtes Lektorat geht weit über ein Korrektorat hinaus. Dann layoutiert der Verlag den Text, besorgt den Druck, gestaltet den Umschlag, versieht das Buch mit einer ISBN und trägt es in das "Verzeichnis lieferbarer Bücher" (VLB) ein. Er übernimmt die Auslieferung an die Buchhandlungen sowie den gesamten Geschäftsverkehr mit diesen und sorgt für Werbung. Der Autor erhält ein Honorar, üblicherweise ein bestimmter Prozentsatz vom Ladenpreis. 10 % dürfen als Richtwert gelten.

Alternativ gibt es die sog. "Druckkostenzuschussverlage" (DKZ-Verlage), bei denen der Autor sich am kaufmännischen Risiko finanziell beteiligen muss. Derlei Publikationen geniessen zwar unter Insidern so gut wie keinen Prestigewert, dafür sind die Chancen, verlegt zu werden, wesentlich höher. Die allermeisten Literaten (ich genauso) haben solche Veröffentlichungen zumindest zeitweise im Programm, auch wenn es die wenigsten zugeben. Zu guter Letzt gibt es auch den Selbst- oder Eigenverlag, der jedoch aufwändig ist. Außerdem hat der Buchhandel keine Freude damit.

Nach Erscheinen des Buches geht es lustig weiter. Der Glaube, mit dem Eintrag in das Verzeichnis der lieferbaren Bücher („VLB“) sei es schon getan, bzw. mit der Möglichkeit, dass ein Kunde das Buch im Handel erwirbt, ist ausgesprochen irrig. Vielmehr muss nun jede Menge Öffentlichkeitsarbeit folgen, damit Ihr Werk vom Publikum wenigstens ansatzweise wahrgenommen wird: Buchpräsentationen, Lesungen und einholen von Rezensionen.

Selbstverständlich gehört es zu den Agenden des Verlages, für Öffentlichkeitsarbeit und  Werbung zu sorgen. Aber das ist teuer und beschränkt sich daher oft auf den Eintrag ins VLB und die Aufnahme in den verlagseigenen Webshop. Ihre Mitwirkung ist unerlässlich. Es kann durchaus sein, dass sich dieser Teil der Vermarktung als mühsam und aufwendig herausstellt, denn die Konkurrenz ist groß und schläft auch nicht. Sehen Sie es positiv: Öffentlichkeitsarbeit ist nicht nur Ihre wichtigste Chance, bekannt zu werden, sondern war immer schon eine typische Betätigung aller literarisch aktiven Menschen.

Vor allem sind es die lokalen Aktivitäten, die nicht vom Verlag, sondern von Ihnen selbst am besten durchgeführt werden können. Geeignete Ansprechpartner wegen Lesungen und Präsentationen sind: Buchhandlungen, Erwachsenenbildungseinrichtungen, Cafés im allgemeinen, Literaturcafés im besonderen, und eventuell Galerien bzw. Kulturvereine. Seien Sie selektiv, Ihre Partner müssen einen thematischen Anknüpfungspunkt haben. Jede Öffentlichkeitsarbeit hat ohnehin einen großen Streueffekt, aber wenn Sie eine katholische Buchhandlung für eine Fantasyerzählung gewinnen wollen, in der sich Orks und Elfen zu Tode prügeln, sehe ich schwarz; rabenschwarz.

Schön wäre es, gelänge es Ihnen, Ihr Buch durch die gängigsten Zeitungen, sonstige Printmedien und Rundfunk rezensieren zu lassen. In der Tat können Sie es sich als Erfolg verbuchen, wenn Sie überhaupt eine Rezension erhalten. Vergessen Sie nicht das Internet. Nutzen Sie die Möglichkeiten, die praktisch alle Literaturforen bieten, auf Ihr Buch aufmerksam zu machen.

Was Sie bei einer Lesung beachten sollten:

 

1. Die Vorbereitung: Auswahl der Texte und diese laut(!) im stillen Kämmerlein vorlesen.

 

2. Beginnen Sie mit einer kleinen Einführung (nicht mehr als zwei, drei Minuten) über Sie selbst, Ihre Einstellung zum Schreiben, was Sie zu diesem Werk inspiriert hat usw.

3. Keine Lesung sollte länger als eine Stunde dauern. Es sei denn, Sie lockern Ihre Lesung mit Musik auf, was immer gut ankommt und Ihre Stimme schont. In diesem Falle geben Sie bis zu einer Viertelstunde zu.

4. Wählen Sie charakteristische Textstellen aus, allenfalls zwischendurch kommentiert, damit die Handlung für die Zuhörer nachvollziehbar und das Thema des Werkes einsichtig wird.

5. Lesen Sie laut, deutlich und vor allem langsam! Die Nervosität veranlasst uns, zu schnell vorzutragen. Das signalisiert dem Zuhörer, es wäre Ihnen lieber, wenn es schon vorbei wäre. Somit hinterlassen Sie einen bestenfalls semiprofessionellen Eindruck. Sehen Sie es doch anders: Eine Stunde, die Ihrem Text, Ihren Zuhörern und Lesern gewidmet ist - genießen Sie!

6. Am Ende der Lesung bedankt man sich für das Kommen und die Aufmerksamkeit und vergisst nicht zu erwähnen, dass das Buch anschließend erworben werden kann. Das ist eine Möglichkeit, eventuelle Unkosten wieder hereinzubekommen. Davon abgesehen gelangen Ihre Bücher auf diese Weise in Umlauf.

7. Signieren Sie die gekauften Bücher oder versehen Sie diese eventuell sogar mit einer persönlichen Widmung. In der Regel, speziell gegenüber Unbekannten, genügt Datum und Unterschrift.

Vergessen Sie bitte nie: Jeder Mensch in Ihrer Zuhörerschaft hat sich extra wegen Ihnen und Ihrer Texte außer Haus begeben, obwohl es auch anderes zu tun gegeben hätte. Aus den zur Verfügung stehenden Beschäftigungsmöglichkeiten wurde die Entscheidung zu Ihren Gunsten getroffen. Das ist nicht selbstverständlich und Sie sollten das würdigen. Begegnen Sie den Menschen, die Ihnen zuhören, möglichst auf Augenhöhe. Das Publikum merkt Ihre Wertschätzung.

 

Und damit wünsche ich Ihnen ein frohes, unbekümmertes Schaffen, dem der gebührende Erfolg beschieden ist!